Der Liebe zu begegnen, ohne sie zu suchen, ist der einzige Weg, um sie zu finden. Die wahre Liebe gibt es nicht! Ebenso wenig wie den Prinzen auf dem weißen Pferd, da ist sich Amelie absolut sicher. Reisen dagegen war schon immer ihr Traum, daher nimmt sie das Jobangebot an, die 70-jährige Ella nach Schottland, zur Isle of Skye zu begleiten. Auf dem herrschaftlichen Anwesen, wo Ella ihre Kindheit verbracht hat, begegnet Amelie dem sturen Schotten Finley, der ihre Gefühle ordentlich durcheinanderwirbelt. Ihre Grundsätze geraten ebenso ins Wanken wie das Boot, mit dem Finley Touristen zu den Seehundbänken bringt. Doch sich ernsthaft verlieben? Niemals! Als Finleys Leben jedoch von einem auf den anderen Tag aus den Fugen gerät, zweifelt Amelie an ihren lang gehegten Vorsätzen. Vielleicht ist doch nur die wahre Liebe stark genug, um dem Sog aus Geheimnissen und Lügen zu entkommen. Aber ist Finley ebenso bereit, die schmerzliche Vergangenheit hinter sich zu lassen?
Was hat mich inspiriert?
Als ich 2022 endlich meinen Traumurlaub in Schottland erleben durfte, war ich sofort fasziniert von der wundervollen Landschaft und den freundlichen Menschen. Besonders die Highlands und die Insel Skye, mit ihren Legenden, Burgen, Wasserfällen sowie der atemberaubenden Natur, haben mich sofort in ihren Bann gezogen. Als Inspiration für das Setting diente mir Dunvegan Castle, das Schloss der MacLeods mit seinen wunderschönen Gärten und die Möglichkeit einer Bootstour zu den Seehundbänken. Bei meinem ersten Besuch wusste ich sofort, dass meine Geschichte genau dort spielen sollte. Schottland ist einzigartig und wird immer in meinen Erinnerungen ein besonderes Fleckchen Erde sein. Ich bin mir sicher, dass ich irgendwann noch einmal dorthin zurückkehren werde.
Leseprobe
»So, meine Liebe, nun aber zu Ihnen. Ich würde gerne etwas mehr über Sie erfahren. Sie sagten am Telefon, es gäbe so viele Gründe, warum Sie sich auf meine Anzeige gemeldet haben.«
»Nun …«, begann ich. »Eine Stellenanzeige auf einem DIN-A4-Blatt in meinem Briefkasten vorzufinden, war ziemlich ungewöhnlich. Das machte mich neugierig.
Bei mir zuhause hängt eine Liste an der Wand, auf der Dinge stehen, die ich machen möchte, oder Wünsche für die Zukunft. Ich nenne sie: Checkliste zum Glücklichsein. Ein Punkt davon ist das Reisen. Als ich Ihre Annonce las, eröffnete sich für mich die perfekte Möglichkeit, diesen Punkt auf meiner Liste abzuhaken. Sie schrieben, dass Sie eine Krankenschwester suchen. Meine Arbeit macht mir sehr viel Freude, denn man gibt nicht nur, sondern bekommt auch viel zurück. Es trägt dazu bei, das Leben als Geschenk zu sehen und für jeden Tag, den man lebt, dankbar zu sein. Es kann jederzeit vorbei sein, das darf man niemals vergessen.«
Ella sah mich nachdenklich an.
»Mein Gott. Noch so jung und schon so weise.« Sie schmunzelte. »Wie sind Sie aufgewachsen? Ich hoffe, das ist nicht zu persönlich.«
»Nein, das ist kein Geheimnis.« Ich versuchte, selbstsicher zu wirken, doch in meinem Inneren sah es ganz anders aus. »Ich bin in einem Heim aufgewachsen. Meine Eltern haben mich an dem Tor der Burg in einem Korb abgestellt und sich aus dem Staub gemacht. Tja, so war das. Zum Glück hat mich jemand gefunden, und so bin ich ins Heim gekommen. Leider war ich zu krank und zu hässlich, niemand wollte mich adoptieren. Das zumindest haben mir die Erzieher immer gesagt.«
»Skye«, flüsterte sie und ich bemerkte die Sehnsucht in ihrer Stimme. Sie war heimgekommen und endlich wieder dort, wo ihre Wurzeln lagen. Wir warteten neben dem Pier auf den Fahrer, der uns abholen sollte. Die Wärme der Sonne war angenehm, doch der starke Wind hinderte mich daran, meine Jacke auszuziehen. Ich kramte nach meinem Handy, um ein Foto von der Fähre zu machen, als neben uns ein grüner Range Rover anhielt. Ella begrüßte den jungen Mann freundlich in einer mir unbekannten Sprache. Ich vermutete, dass es Gälisch war, die Muttersprache der Schotten, die seit dem Krieg mit den Engländern lange Zeit verboten war. Er verbeugte sich kurz, als er antwortete. Das,
was er sagte, verstand ich nicht, trotzdem klang es irgendwie sexy. Ich konnte nicht unbedingt behaupten, dass er meinem sonstigen Männergeschmack entsprach, aber er sah wirklich gut aus, und sein Auftreten sowie die grünen Augen hatten eine gewisse Anziehungskraft. Seine hochgewachsene, schlanke Figur fiel sofort auf, und der rötliche Dreitagebart hatte etwas Verwegenes. Mich begrüßte er mit einem kurzen »Miss« und ebenfalls einer knappen Verbeugung. Sein Gesichtsausdruck erschien mir alles andere als freundlich und aufgeschlossen. Ich beschloss kurzerhand, dass er doch nicht so sexy war und ich mir die Anziehungskraft nur eingebildet hatte.
Ich trat ans Fenster, öffnete die beiden Haken an der Seite und schob den unteren Teil nach oben, um es zu öffnen. Ein starker Sommerwind blähte sich mir entgegen. Er kam von der Bucht zu mir herüber. Ich konnte die salzige Luft und einen Hauch von Seegras riechen. Unterhalb meines Fensters lag ein Teil des Gartens, der mit einer Steinmauer das Grundstück zu den dahinterliegenden Klippen abgrenzte. Das Rauschen der Wellen, die ans Ufer klatschten, drang zu mir herauf. Der Ausblick auf das Meer und die kleinen vorgelagerten Inseln raubten mir zum wiederholten Male den Atem. Ich wollte diesen Moment für immer festhalten. Wer hätte je gedacht, dass ich einmal in einem Schloss übernachten würde mit solch einer gewaltigen Aussicht. Mir fiel ein Natursteinhaus mit hellblauer Holztür ins Auge. Eine Art Cottage, wie ich es in Filmen gesehen hatte. Dahinter führte ein Weg zum Ufer, an dessen Steg ein Boot festgemacht war. Sofort verspürte ich die Lust, mit dem Boot die Inseln zu erkunden. Vielleicht würde sich ja eine Gelegenheit dazu bieten, allerdings konnte man in so einem kleinen Boot sicher schnell seekrank werden. Aus den Augenwinkeln heraus bemerkte ich, dass sich die Tür des Cottages öffnete. Ein Hund auf drei Beinen überquerte die Schwelle. Es war ein blonder Retriever, soweit ich es erkennen konnte. Offenbar hatte er eines seiner Hinterläufe verloren. Der Arme. Mich erfasste ein Anflug von Mitgefühl. Er sprang herum und wedelte, den Blick zur Tür gerichtet. Anscheinend störte es ihn gar nicht. Schließlich erschien ein Mann im Türrahmen. Sofort erkannte ich, um wen es sich handelte. Dieser Typ war zu markant, als dass man ihn übersehen konnte. Finley! Er strich sich über sein rotes Haar und setzte die Kappe auf, die er auch vorhin getragen hatte. Als er den Kopf hob und zu mir heraufschaute, versetzte sein Blick meiner Magengrube einen kurzen Stich. Sofort trat ich einen Schritt zurück. Mist! Sicher dachte er, dass ich ihn beobachtet hätte, was ja der Wahrheit entsprach. Mein Herz klopfte etwas schneller, doch warum eigentlich? Der Typ war nicht gerade freundlich zu mir gewesen. Es gab keinen Grund, so zu reagieren, und trotzdem … Na, toll! Das fing ja gut an.
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